Das Glück zu malen ...

Nur aus den Elementen der Erinnerung fließt dem Geist die Nahrung zu.

Der Künstler Henning Voß drückt es selbst so aus: „All’ die schönen Momente und Augenblicke, die ich tief in mir aufnehme, all’ die Bilder kann ich auf die Leinwand bringen. Ich habe viele Möglichkeiten, um dieses Gefühl zurückzuholen.“

Das Geschehene nach den eigenen Emotionen umzusetzen – es intensiver, eindrucksvoller und vielleicht sogar interessanter wiederzugeben – das ist sein Anliegen. Wenn er mit malerischen Mitteln an all’ die Schwierigkeiten herangeht, deren Lösung er sich vorgenommen hat, so tut er das, ohne die reale Welt ganz zu verlassen. Eine Umwandlung oder leichte Abweichung lässt er zu, solange seine „Idee eines Bildes“ nicht verloren geht.

Dabei bleibt für ihn der wichtigste „Wahrnehmungsträger“ die Atmosphäre. Er erkennt, dass es möglich ist, Licht, Formen und Charakter allein durch die Farbe sichtbar zu machen. Hier sind seine Vorbilder Pierre Bonnard, Paul Cézanne und Paul Steiner, auch eine Verbindung zu William Turner lässt sich schnell herstellen.

Eine wache, spontan reagierende Empfindsamkeit diktiert ihm die Farbzusammenstellung beim Bildaufbau und verändert zwangsläufig den natürlichen Platz von Bildinhalten. Diese Entwicklung führt jedoch nicht zu einer Auflösung der Grundidee der gesamten Komposition.

Am Anfang steht die Konzentration auf das zu malende Bild. Ist die Farbgebung in Ansätzen entschieden, erfolgt ein schnelles „Anlegen“ mit dünner Farbe „aus dem Bauch heraus“, wie er sagt. Spontaneität darf nicht verloren gehen, aber das Ganze, das Kompositorische darf man nicht aus den Augen verlieren. Dazu ist Abstand erforderlich – räumlich wie zeitlich.

Henning Voß modelliert mit Farben, trägt sie pastos oder lasierend auf, er zerstört, zerkratzt, verändert, nimmt den Pinsel, greift zum Spachtel. Er erreicht dadurch eine weitgehende Auflösung der Malfläche, die besonders bei seinen Venedigbildern die Atmosphäre und Morbidität der Stadt überzeugend sichtbar werden lässt. Den gleichen Effekt kann man bei seinen Landschaftsbildern mit Olivenbäumen beobachten.

Auf seinen vielen Reisen findet der Künstler seine Motive. Er malt „Nordbilder“ aus dem Bereich Nordsee und Ostsee und setzt mediterrane Eindrücke aus Italien, Frankreich und Spanien um.

Stillleben, die Henning Voß aus erlebten und gefühlten Situationen malt, verbindet er gern mit der Landschaft; auch hier deutlich spürbar die für ihn wichtige Atmosphäre. Bei den Porträts, meistens Auftragsarbeiten, hält er die Ausstrahlung und Ähnlichkeit einer Person fest. Durch intensives Studium versucht er die Individualität und Unverwechselbarkeit der betreffenden Person zu erkennen und wiederzugeben. Mit der ausgewählten Körperhaltung und Farbgebung unterstreicht er die Persönlichkeit.

Zwei Gedanken von Henning Voß, die aussagekräftig für sein Werk stehen:

„Gefühle sind schnelle Gedanken – Bilder hingegen erinnern uns an unsere Gegenwart.“

„Ich projektiere meine Gefühle in die Landschaft. – Sollte es mir gelingen, bei meiner Arbeit den für mich wichtigsten Eindruck meines „Erinnerungsbildes“ zu finden und wiederzugeben, bin ich zufrieden und glücklich. Wenn es einen Betrachter gibt, der es so nachvollziehen kann, bin ich es noch mehr.“

Das Glück zu malen ... !

Dr. Hermann Braun

Dr. Hermann Braun
Kunsthistoriker


Vita Henning Voß


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